Peru: einmal Nasca - Arequipa und zurück ...

Daß die Küstenwüste in Peru ihre attraktive Seite hat, entdecken wir auf der Strecke zwischen Nasca und Arequipa. Auf den ersten 350 Kilometern rollen wir über die Panamericana zunächst durch weites, welliges Dünenland, das sich bis an die Strände des Pazifiks ausdehnt. Dann führt die Straße hoch über dem Meer an einer spektakulären Steilküste entlang und gewährt grandiose Ausblicke auf den Ozean. Die gesamte Strecke gehört zum Schönsten, was wir an Perus Küste bisher zu sehen bekamen. Alle paar Kilometer möchte man anhalten und ein Foto machen – aber … hoppla … das geht ja gar nicht, weil da keine Kamera ist zwischen den Fordersitzen! Und auch die Ersatzkamera bleibt unberührt: weil ich erstens keine Speicherkarten habe - alle waren in der Tasche, die uns in Nasca geklaut wurde, und weil mir zweitens beim besten Willen nicht nach Fotografieren zumute.

 

Statt dessen sitzen wir schweigend nebeneinander und nehmen das Land um uns herum nur halbherzig wahr. Die Stimmung ist schlecht, die Lust aufs Unterwegssein hat einen Tiefpunkt erreicht und Norah Jones aus den Lautsprechern ist zu diesem Zeitpunkt auch nicht hilfreich (selbst die unbekümmerte Musik von Jack Johnson löst Depressionen in mir aus …! Und das ist nun wirklich bedenklich!).

 

Hinter Camaná steigt die Panamericana empor auf 2.300 Meter. Nach anderthalb Tagen schweigsamem Dahinrollen erreichen wir Arequipa, mit knapp 900.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Perus. Wir fangen erst gar nicht an, einen Stellplatz zum Campen zu suchen. Dafür mieten wir uns im Hostal „La Casa de mi Abuela“ („das Haus meiner Großmutter“) ein. Es ist ein nettes Hotel im Zentrum mit freundlichen Zimmern, großer Gartenanlage, Pool und einem feinen Restaurant in einem wunderschönen, kleinen Gewölbesaal. Wir finden, all das haben wir uns verdient.

 

Arequipa – das muß man fairerweise sagen – ist wirklich eine bezaubernde alte Kolonialstadt. Beherrscht wird sie vom ebenmäßigen, 5821 m hohen Vulkan Misti. 300 Sonnentage im Jahr bei milden Temperaturen stehen in wohltuendem Gegensatz zum diesigen Frustwetter unten an der Küste. Trotz ihrer Größe wirkt Arequipa auf eine angenehme Art und Weise provinziell.

 

Wir geben wir uns also einen Ruck, überwinden unsere Antriebslosigkeit und gehen auf Stadtbesichtigung. Wir flanieren durch hübsche zweistöckige Arkadengänge, die die Plaza Principal de la Virgen de la Asunción, den Hauptplatz Arequipas, an drei Seiten umsäumen. Wir besichtigen die mächtige Kathedrale aus Sillargestein, die die gesamte Breite an der vierten Seite der Plaza einnimmt und staunen über 70 beeindruckende Fassadensäulen und drei gewaltige Portale.

In der Klosteranlage Santa Catalina fühlen wir uns in eine andere Zeit versetzt. Bereits 1579 wurde ein kompletter Stadtteil Arequipas einfach ummauert, um Platz und Abgeschiedenheit zu schaffen für 150 Nonnen und 400 Dienstmädchen. Was innerhalb dieser Mauern geschah, blieb der Öffentlichkeit mehr oder weniger über 400 Jahre lang verborgen. Erst 1970 öffneten sich die Klostertore wieder, nachdem dahinter nur noch 17 Nonnen lebten. Städtebaulich hatte sich nicht viel geändert in diesen 400 Jahren. Die gesamte Anlage wurde daraufhin unter den Schutz des UNESCO-Weltkulturerbes gestellt und aufwendig renoviert. Heute wandeln wir fasziniert wie durch ein längst vergangenes Jahrhundert. Daß bei der Renovierung möglicherweise etwas zu dick Farbe auf die Fassaden geklatscht wurde, mag historisch unkorrekt sein – aber schön schaut’s allemal aus und es weckt meine Lust, die Kamera in die Hand zu nehmen …!

Womit wir wieder beim Thema wären. Natürlich haben wir den Diebstahl in Nasca nicht einfach abgehakt. Gleich am ersten Tag in Arequipa statte ich der hiesigen Polizei einen Besuch ab und bitte darum, daß sich selbige telefonisch über die Ermittlungsergebnisse ihrer Kollegen in Nasca informiert. Wenn ich da persönlich anrufe, versteh ich erstens garnix (spanisch am Telefon will noch immer nicht funktionieren) und zweitens spornt es die Brüder an der Küste eventuell an, wenn am anderen Ende der Leitung ein vom Dienstgrad höhergestellter mit ihnen spricht und nicht ein winselnder Tourist, der seinem Fotoapparat hinterherjammert. Die freundlichen Beamten in Arequipa zeigen sich tatsächlich hilfsbereit. Zweimal am Tag spaziere ich von nun ab mit einem Uniformierten über die Straße in einen Telefonladen, von wo aus wir nach Nasca anrufen (nicht etwa, weil so die angefallenen Telefonkosten besser zu ermitteln sind, sondern, weil es im Polizeirevier kein funktionierendes Telefon gibt. Hat man da noch (Klingel-)Töne??).

 

Meistens erreichen wir gar niemanden in Nasca. Und wenn doch, dann sind die Nachrichten ebenso wirr wie widersprüchlich: zunächst teilt uns mein Freund „Pommes", der für den Fall zuständig ist, mit, daß der Dieb ermittelt wurde. Sein Name laute Jimmy „La Gata“. Die gestohlen Gegenstände habe er allerdings bereits an einen Hehler namens „Cofros“ oder „Cotros“ weiterverkauft, der in diesen Tagen unauffindlich sei. Dann erfahren wir, daß jener Jimmy doch noch im Besitz der Kameraausrüstung sei und Unterschlupf bei unbekannten Freunden gefunden habe. Und dann wieder gibt es überhaupt keine Verdächtigen. Pommes läßt nichts unversucht, seinem zweifelhaften Ruf gerecht zu werden. Die Polizei in Arequipa scheint das ebenso zu sehen, spricht es aber natürlich nicht aus und meint statt dessen, ich solle zurückfahren nach Nasca und vor Ort nachhaken. Oh nein! Nicht noch mal in diese Stadt!

 

Im Telefonladen komme ich mit einem Geschäftsmann ins Gespräch. Er vermittelt mir einen Anwalt aus Ica und vereinbart telefonisch auch gleich ein Treffen mit diesem und mir für den nächsten Nachmittag zwischen 14 und 16 Uhr im Hotel Las Lineas in Nasca.

 

Am  Abend setze ich mich in einen recht komfortabel ausgestatteten Nachtbus Richtung Lima, der mich in 10 Stunden nach Nasca bringen wird. Sabine hält die Stellung in Arequipa. Mindestens drei Nächte werden wir uns nicht sehen. Als wir uns am Hotel voneinander verabschieden, fallen beinahe Tränen. Ist das normal nach 16 Monaten gemeinsamen Reisens?

 

Der Bus fährt bei milchigem Mondlicht die gleiche Strecke zurück, die ich nur wenige Tage vorher in entgegengesetzter Richtung abgespult habe. Mein Sitz läßt sich angenehm weit nach hinten verstellen, nur die Beinfreiheit ist nicht für großgewachsene Mitteleuropäer bemessen. Trotzdem finde ich irgendwann nach Mitternacht einen - wenn auch unruhigen - Schlaf. Ich erwache, als der Bus seine erste Station ansteuert: Nasca, wie ich annehme. Halb sechs Uhr morgens ist es. Wir haben Verspätung. Gerade wird es dämmrig. Ich schnapp mir meinen Rucksack, steige reichlich übermüdet aus und finde mich auf einer ziemlich leeren Straße wieder. Ich kenne diese Straße! Das ist nicht Nasca! Das ist Ica, zwei Stunden hinter Nasca! Na prima! Hab ich etwa meine Haltestelle verschlafen? Ich frage die Busbegleiterin und die schaut mich verwundert an: der Bus habe in Nasca gar nicht gehalten. Es habe sich nicht bis zum Fahrer herumgesprochen, daß da einer aussteigen will, meint sie achselzuckend, „lo siento!“ Dann verschwindet sie in ihren Bus, der rauscht davon und ich steh mal wieder ziemlich bedeppert da. Wir zwei – Peru und ich - das will irgendwie nicht klappen.

 

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite döst ein Taxifahrer in seinem Daewoo. Ich klopfe an seine Scheibe, er kurbelt sie runter und grüßt mich mit einem irritierten „buenos dias“. Wann und von wo der nächste Bus zurück nach Nasca fährt, frage ich ihn. In einer viertel Stunde von einem Busbahnhof 5 Block tiefer, antwortet er. Ich quetsche mich mitsamt Rucksack in den beengten Fond des Kleinwagens und wir rauschen durchs frühmorgendliche Ica. Als wir den Bahnhof erreichen, nagelt bereits der Diesel eines vorsintflutlichen Überlandbusses. Ich drücke dem netten Taxifahrer ein paar Soles zuviel in die Hand und eile hinüber zum Kartenverkäufer.

 

Fünf Minuten später rollt der Bus lärmend und ruckelnd an. Ich habe einen letzten schmierigen Sitzplatz in der hintersten Reihe ergattert, sitze eingequetscht zwischen indigenen Bauern, die allesamt in Papiertüten gewickelte Flaschen mit – so schätze ich mal – selbstgebranntem Schnaps halten. Der scheint schon reichlich geflossen zu sein an diesem frühen Morgen. Wenn sie mich nicht gerade entgeistert anstarren, unterhalten sich meine Sitznachbarn krakeelend, setzen alle paar Sekunden die Flasche an und spuken ebenso regelmäßig dicke Speichelklumpen auf den Boden des Busses. Es riecht nach billigen Fusel, nach schwindelerregenden Körperausdünstungen und kaltem Rauch – keine leicht zu ertragende olfaktorische Mischung um sechs Uhr in der Früh.

 

Zwei Stunden später rumpeln wir in Nasca ein. Ich schwanke aus dem Bus und atme tief durch. Ich gehe zu Fuß die fünf Minuten zur Plaza de Armas - da, wo vor einer Woche in Lucy eingebrochen wurde. Im Hotel Las Lineas nehme ich mir ein schmuckloses Zimmer und freue mich erstmal auf eine ausgiebige Dusche und dann auf ein üppiges Frühstück. Da teilt mir der Mensch hinter der Rezeption mit, daß es wegen Leitungsarbeiten in ganz Nasca bis zum Abend keinen Strom gibt, daß deshalb die Duschen nicht funktionieren und auch kein Frühstück serviert wird.

 

Nun weiß ich endgültig bescheid: Peru haßt mich!

 

Ich beziehe Zimmer Nr. 209, knalle mich aufs Bett und starre an die popelgrüne Wand mir gegenüber. Daran hängt ein Fernseher, in dessen schwarzem Bildschirm ich mein eigenes Spiegelbild erkenne. Ich sehe mich wie in einem melancholischen Gemälde von Edward Hopper ... und schlafe eine.

 

Knapp zwei Stunden später – so gegen halb elf – stehe ich wieder an der Rezeption und schildere mein Problem: ich brauche gegen Bezahlung einen Dolmetscher, der mich bei meinem Besuch zur Polizei begleitet. Der Mensch hinterm Tresen tippt eine Nummer in sein Handy ein (Mobilfunknetze funktionieren also in einer stromlosen Stadt) und spricht ein paar kurze Sätze. 10 Minuten später erscheint Alberto Giraldo: untersetzt, schnauzbärtig, fieser Zug um die Lippen. Er drückt mir seine Visitenkarte in die Hand, auf der er sich als Touristenführer darstellt. Ich schildere ihm kurz, worum es geht und gebe ihm den Polizeibericht zum Lesen. Irgendwie scheint Alberto sich nur halbherzig für das Papier und meine Geschichte zu interessieren. Auch gut, er soll ja nur dolmetschen.

 

Wir setzen uns in ein Taxi und fahren die Avenida Bolognesi hinunter. Alberto scheint den Taxifahrer gut zu kennen. Die beiden plaudern und lachen sich kaputt. Anstatt in die Avenida Los Incas einzubiegen, lenkt der Fahrer das Auto auf die Panamericana Richtung Süden. „Stop“, sage ich, „zur Polizei geht’s rechts“. Da entgegnet Alberto, "Luis" wäre heute draußen am Flugplatz. Mit "Luis" meint er wohl Polizist Luis Alberto Flores Pomez, mein bester Freund „Pommes“. Den scheint er also auch gut zu kennen. Zufälle gibt’s!

 

Am Flugplatz treffen wir Pommes im Gespräch mit dem Pförtner eines Hotels. Pommes ist überrascht, mich zu sehen und drückt mir die Hand gerade so, als wären wir tatsächlich beste Freunde. Von nun an rede ich englisch und lasse Alberto übersetzen. Ich will wissen, wie denn nun der neuste Stand der Ermittlungen ist, wer und wo dieser Jimmy „La Gata“ ist, was es mit diesem „Cotros“ oder „Cofros“ auf sich hat, welches weitere Vorgehen er plant und wie er die Chance einschätzt, daß ich meine Kamera jemals wiedersehe. Pommes Antworten sind so schlüpfrig wie seine Gebärden: Die Kameraausrüstung sei vielleicht in den Händen von Cofros, er selber, Pommes, hätte verdeckt bei dessen Familie ermittelt und so wie’s ausschaut, wäre Cofros oder Cotros erstmal untergetaucht und hielte sich eventuell bei Verwandten im Dorf San Carlos, 3 Stunden von Nasca entfernt, versteckt. Aber so ganz klar sei das auch nicht, und überhaupt müsse er behutsam vorgehen, er sei mit seinem Privatfahrzeug unterwegs, und übrigens sei sein Tank leer …  bla … bla … bla!

 

Was mich vollends irritiert, ist die Art, wie Alberto seinen Job als Dolmetscher begreift. Es scheint so, als würde er nicht exakt das übersetzen, was Pommes da so von sich gibt, sondern, als würde er nach eigenem Gutdünken das eine oder andere hinzufügen bzw. weglassen. Und wenn ich nachhake, übersetzt er gelegentlich meine Frage gar nicht erst ins spanische, damit Pommes reagieren kann, sondern er gibt selber eine Antwort – gerade so, als sei er ein Komplize von Pommes, oder von diesem Jimmy „La Gata“ oder von Cofros oder Cotros oder dem Taxifahrer von eben. Es scheint so, als steckten alle unter einer konspirativen Decke und lachten sich hinter meinem Rücken über mich kaputt. Oder leide ich unter Wahnvorstellungen!? Bin ich gerade am Durchdrehen!?

 

Pommes beendet das Gespräch. Er müsse sich um eine andere Sache kümmern, man könne sich ja zu einem späteren Zeitpunkt noch mal treffen. Prima, sage ich, und nagle ihn gleich auf fünf Uhr nachmittags fest, und zwar auf dem Revier (bis dahin habe ich Verstärkung: Anwalt Doctore Tasaico aus Ica wird irgendwann zwischen zwei und vier in der Stadt eintreffen. Das behalte ich allerdings für mich. Hehehe!). Pommes ist einverstanden und verabschiedet sich.

 

Alberto bringt mich zu einem kleinen Tourbus des Hotels, an dem wir stehen. Der würde gleich in die Stadt zurückfahren und mich mitnehmen. Aha! Die Hotelmitarbeiter hier kennt Alberto also auch alle. Auf dem Weg zu dem Bus sage ich ihm, daß ich den Eindruck habe, der Vorfall mit meiner Kamera sei ihm nicht unbekannt gewesen. Das verneint er heftig – eine Spur zu heftig für meinen Geschmack! Falls ich ihn später im Revier benötige, solle ich ihn anrufen. Er bleibe hier draußen. Ich drücke ihm die vereinbarten 20 Soles in die Hand und setze mich in den Bus, der mich zurück zur Plaza de Armas bringt. Hinter mir im Bus sitzt eine reizende peruanische Reisebegleiterin. Sie flirtet ein bißchen mit mir und fragt irgendwann, ob denn meine Kamera aufgetaucht sei …! Mir klappt die Kinnlade ’runter! Hier scheinen sie alle bescheid zu wissen! Nur ich tapp im Dunkeln!

 

Nasca ist immer noch ohne Strom, und ich bin am verhungern. Ein Restaurant gegenüber meinem Hotel hat offen. Ich setze mich hinauf auf dessen Balkon über der Plaza und bestell mir ein Grillhähnchen. Dazu ein Bier – und weil’s so gut tut, noch eins.

 

Pünktlich um zwei bin ich zurück im Hotel. An der Rezeption informiere ich den Mitarbeiter, daß ich abogado (Rechtsanwalt) Doctore Tasaico zwischen zwei und vier erwarte. Ich sei auf meinem Zimmer, man möge mir bitte bescheid sagen. Im Zimmer lege ich mich aufs Bett und will ein bißchen lesen, doch die nächtliche Busfahrt, die Ereignisse des Vormittags, das Grillhähnchen und nicht zuletzt die zwei Bierchen fordern ihren Tribut: ich falle in einen tiefen Schlaf.

 

Um halb fünf Uhr nachmittags schrecke ich hoch. F..k! Ich eile vor zur Rezeption, aber dort erfahre ich, daß niemand nach mir gefragt hat. Doctore Tasaico ist nie erschienen. Oh, es paßt ja alles so wunderbar zusammen hier.

 

Also schlappe ich alleine hinunter ins Polizeirevier und sitze wieder in diesem kahlen Kabuff vor diesem kleinen Schreibtisch mit dieser alten Adler-Schreibmaschine und höre mir Pommes Gequake an. Ich solle zurück nach Arequipa. Man kümmere sich hier um alles. Ich solle die Hoffnung nicht verlieren. Man halte mich per Email auf dem Laufenden. Der Sprittank von seinem Auto sei leer …! Mir wird schon wieder schlecht.

Diesen Ausflug nach Nasca hätte ich mir komplett sparen können. Abends sitze ich allein im Hotelrestaurant (Strom gibt’s inzwischen wieder) und kaue lustlos an einer Pizza. Später auf meinem Zimmer schaue ich mir peruanische Zeichentrickfilme im Fernsehen an. Immer noch besser, als auf mein eigenes Spiegelbild zu starren. Den nächsten Tag vertrödle ich im Internetcafe. Um 17.30 geht laut Fahrkarte mein Bus nach Arequipa. Gegen vier Uhr checke ich aus dem Hotel aus und laufe hinunter zum Busbahnhof. Die Dame hinterm Schalter, der ich mein Ticket zeige, informiert mich darüber, daß mein Bus erst um halb zwölf nachts abfährt. Die angegebene Zeit auf der Fahrkarte beziehe sich auf Lima. Ich möchte ihr meinen Rucksack über den Schädel hauen – laß es aber.

 

Bringen wir die Episode „Diebstahl der Kameraausrüstung in zwei Akten“ zu einem Ende. Es ist ja nur ein Fotoapparat. Ein sehr schöner zwar und sehr teuerer, aber eben doch nur ein Fotoapparat! Wenden wir uns wieder dem zu, was zählt: dem Reisen.

 

Zwei Tage nach meiner Rückkehr aus Nasca verlassen wir Arequipa, erklimmen einen Paß von 4.900 Metern Höhe und tauchen dahinter ab in das Kernland der Inkas. Im Cañon del Colca erleben wir eine grandiose Landschaftsszenerie, in der mächtige Kondore mit über drei Metern Flügelspannweite über einer 1.200 Meter tiefen Schlucht dahingleiten. Wir begegnen einem indigenen Bauernvolk, das auf denselben terrassierten Hängen wie ihre Vorfahren mit denselben einfachen Geräten die Felder bestellen. Das alte Inkaland verzaubert uns. Pommes und seine Komplizen sind weit, weit weg. Möge ihnen allesamt … ach …nein … lassen wir’s!