Peru: der Norden

Diese Geschichte sind wir noch schuldig: da schlenderten wir also am hellichten Tag in Quito im Stadtteil Mariscal durch eine stille Seitenstrasse auf der Suche nach einem Hotel, als sich uns zwei finstere Typen näherten. Ich nahm sie erst gar nicht zur Kenntnis, bis Sabine mir sagte, daß die beiden mit Messern auf uns zukommen. Tatsächlich hielt der größere von beiden ein ausgezogenes Teppichmesser in seiner Hand, der andere bedrohte uns mit der etwa 10 cm langen Klinge eines Küchenmessers. Sie verlangten Geld, was sonst. Nun weiß ich ja, daß es in solch einer Situation nicht ratsam ist, den Helden zu mimen, aber hey: der eine hinkte schwerfällig über das Pflaster, der andere trugt sein Messer in einer verbundenen Hand – ein Kafka hätte sich von dieser Bedrohung nicht einschüchtern lassen. Ich brüllte die beiden anständig zusammen, auf englisch - so etwa in der Art: „Get out of my way, you fucking assholes! Who the hell do you think you are?” Der eine unserer Helden machte sich gleich aus dem Staub, der andere setzte noch einmal eine schwer bedrohliche Mine auf und zeigte mir sein furchteinflößendes Kartoffelschälmesser. Da platzte mir doch endgültig der Kragen und ich war drauf und dran, ihm unseren „Footprint“-Reiseführer  über den Schädel hauen (1572 Seiten, richtig schwer), aber Sabine hielt mich ab und der Typ zog ohnehin Leine …!

 

Das hört sich jetzt harmlos an, aber uns saß schon der Schrecken in den Gliedern. Wir hakten uns aneinander ein und marschierten schnurstracks in die geschäftige Avenida Amazonas, wo wir uns sicherer fühlten. Wir fanden dann schließlich ein Zimmer im Viertel, aber anstatt 6 Nächte zu bleiben, wie wir das ursprünglich geplant hatten, beschlossen wir, bereits am nächsten Tag Quito wieder zu verlassen. Die Stadt hatte es vermasselt mit uns!

 

Schnee von gestern! Heute machen wir uns auf Richtung Peru. Drei Grenzübergänge verbinden Ecuador mit seinem Nachbarn im Süden: Tumbes an der Küste, Macará im mittleren Hochland, und La Chonta. Letzterer ist so klein, abgelegen und unbekannt, daß selbst Einwohner von Loja (der nächst größeren Stadt etwas weiter im Norden), mit denen wir beim Tanken ein nettes Gespräch führen, felsenfest davon überzeugt sind, daß es ihn gar nicht gibt. Doch wir vertrauen unserem „Footprint“. Was zum Verscheuchen waffentragender Verbrecher taugt, kann als verläßliche Infoquelle gar nicht schiefliegen!

 

Die anfangs geteerte aber ziemlich holprige Straße Richtung Süden windet sich sanft durch beschauliches Andenbergland (… die perfekte Strecke für einen Waschtag. Das muß ich kurz erklären: Unsere Waschmaschine auf dieser Reise ist ein schlichter 25 Liter Wasserkanister mit einer großen, dicht verschließbaren Öffnung. Wir stopfen die Schmutzwäsche hinein, geben etwas Waschpulver dazu, füllen den Kanister mit Wasser auf und lassen ihn während der Fahrt vor sich hinschaukeln. Am Ende des Tages die Wäsche noch mal ausspülen, auf eine Leine hängen, fertig ist die Prozedur. Je nach Streckenverlauf kann sich das Ergebnis mehr oder weniger sehen lassen: auf glattgeteerten Highways taugt die Methode nicht viel. Auf holprigen Wellblechpisten können sich Kollege Bosch und Bauknecht verabschieden …!).  

 

Im kleinen Dorf Vilcabamba finden wir bei den deutschen Brüdern Dieter und Peter in ihrem Hostal Izcayluma einen idyllischen Ort, von dem wir erstmal nicht mehr wegkommen. Die Anlage liegt in Hanglage oberhalb des Dorfes in einem üppigen, tropischen Garten. Die erste Nacht noch schlafen wir in Lucy auf dem Parkplatz, doch die Cabañas mit Balkon und Hängematte, mit komfortablen Doppelbett und riesiger, von Natursteinwänden ummauerter Dusche sind zu verlockend: wir mieten uns ein und das für eine komplette Woche. Wir speisen dreimal am Tag im hauseigenen Restaurant mit grandiosem Blick über das Tal, gönnen uns „Full-Body“ Massagen und Reiki und pfeifen vorerst auf die mühsame Strecke hinunter Richtung Grenze. Auch Lucy wird verwöhnt in diesen Tage: bekommt neue Filter, eine wohlverdiente Wäsche und die längst überfällige Generalreinigung in ihrer Wohnkabine.

Wir hätten noch länger bleiben können im Izcayluma, aber Peru will entdeckt werden.

 

Ziemlich bald hinter Vilcabamba verengt sich die Straße zu einer einspurigen Piste. Wir lassen die letzten bestellten Felder hinter uns und tauchen hinein in wuchernden, feuchten Dschungel. Oberhalb 2000 Meter ist das Bergland in Nebel gehüllt, die Piste wird matschig und glatt. Von nun an schalten wir den Allrad hinzu. Wir kommen nur langsam vorwärts, benötigen für die wenig mehr als 110 km zum Grenzort La Chonta knappe sechs Stunden. Dort, auf dem Bolzplatz des Dorfes, finden wir einen passablen Übernachtungsstellplatz. Spielende Kinder umringen neugierig unser Fahrzeug und löchern uns mit Fragen in viel zu schnellem, unverständlichem Spanisch.

 

In der Nacht regnet es heftig. ‚Na prima, das wird die steile Piste anständig aufweichen!’ ist mein vorletzter Gedanke vor dem Einschlafen, und der letzte: ‚Mist, die Autowäsche in Vilcabamba hätte ich mir sparen können!’

 

Früh am nächsten Morgen brechen wir Richtung Grenzübergang auf. Im ganzen Dorf hat sich wohl herumgesprochen, daß Gringos unten am Fußballplatz die Nacht verbrachten. Alle Bewohner stehen in ihren Türen und verfolgen neugierig unsere Abfahrt.

 

Die Piste hat sich endgültig zu einer schlammigen Furche verwandelt, streckenweise steht sie unter Wasser. Sie verläuft an den Osthängen der Anden und erreicht Höhen von unter 800 Meter. Es riecht nach Tiefland, nach Urwald, nach … Amazonas. Wir wühlen uns durch dunklen Matsch und verlieren gelegentlich jegliche Traktion. Rechts steigt eine grüne Mauer aus dichtem Urwald auf, links stürzt der Hang in die Tiefe. Hier bloß nicht vom Weg schlittern – zumindest nicht nach links. Außer uns ist kaum ein Fahrzeug unterwegs. Ein antiquierter LKW kommt uns entgegen. Wir müssen weit zurückstoßen, bis wir eine Einbuchtung finden, in die wir ausweichen können. Wie schafft der Fahrer in seiner alten Mühle diese Strecke nur ohne Allrad?

 

20 Kilometer bis zum Grenzübergang sind es – knapp zwei Stunden Fahrzeit. Der Rio Calvas trennt Ecuador und Peru voneinander. Eine viel zu breite, brandneue Betonbrücke, die im grotesken Gegensatz zu den schmalen Pfaden steht, die dort hinführen, verbindet die beiden Länder miteinander. Hier ist ganz offensichtlich ein Ausbau der Straßen und Grenzanlagen geplant – da gibt’s noch viel zu tun.

 

Die Formalitäten verlaufen zügig und freundlich. Hasta la vista, Ecuador! Bienvenidos, Peru!

 

Von nun an verbessert sich der Pistenzustand. Wir erreichen häufiger ärmliche Siedlungen oder alleinstehende, einfache Lehmhütten und spüren, wie uns aus offenen Türen und Löchern in den Lehmwänden verdutzte Blicke nachgeworfen werden. Die dichte Dschungelvegetation öffnet sich allmählich und macht Platz für Ziegenweiden und Maisfelder. Im schmucklosen Städtchen San Ignazio, zwei Stunden südlich der Grenze, tauschen wir in einem Gemischwarenladen Dollars gegen Soles, die peruanische Währung. Wir kaufen etwas Obst und Gemüse und sehen dann zu, daß wir weiterkommen. Wir wollen noch heute das 100 Kilometer entfernte Jaén erreichen.

 

Laut Karte sollte die Straße asphaltiert sein, und das war sie wohl auch mal. Doch inzwischen ist die Teerschicht über weite Strecken weggebrochen. Solche Straßen sind schlimmer als jede Schotter- oder Erdpiste. Da, wo der Asphalt verschwunden ist, klaffen tiefe, ausgewaschene Krater in den Boden. Die Kanten zwischen Teer und Schotter sind nicht selten 25 Zentimeter tief – 1/4 Meter! Ein intakter Straßenabschnitt verleitet Dich, zu beschleunigen, bis sich plötzlich vor Dir ein tiefer Abgrund öffnet. Die 100 Kilometer werden zur Tortur. Völlig entnervt und reichlich müde erreichen wir bei Dunkelheit Jaén. Die einzige Unterkunft im Ort mit sicherer Parkmöglichkeit ist das Hotel El Bosque. Dort hoffen wir, einen Stellplatz für die Nacht zu finden. Doch der Parkplatz entpuppt sich als kleine, überdachte Halle - immerhin hoch genug für Lucy. Aber darin zu schlafen reizt uns gar nicht, und so mieten wir eine preiswerte Cabaña des Hotels gleich neben der Parkhalle. Wir kochen in Lucy schnell ein paar Pasta, öffnen ein Fläschchen argentinischen Merlot, essen draußen vor der Hütte, nehmen noch eine heiße Dusche und kriechen bald in die brettharten Betten.

 

Unser Ziel für den nächsten Tag: Chachapoyas, Hauptstadt der Provinz Amazonas: weniger als 200 Kilometer auf einer Hauptverkehrsachse, asphaltiert bis auf die letzten 50 Kilometer. Die ersten Kilometer fliegen wir über tadellose Teerstraße. Sie folgt in einem breiten Tal dem Rio Utcubamba, der über den Rio Marañón in den Amazonas fließt. Wir nähern uns sachte der Mutter aller Flüsse, in 10 Tagen wollen wir sie erreichen. Ausgedehnte Reisfelder entlang des Flusses verleihen der Landschaft einen Hauch Asiatisches.

 

Dann verlassen wir den Utcubamba und steigen in einem Seitental erneut in kühlere Höhen auf – und erleben ein straßenbauliches Armageddon! Der schmale Track ist übersäht mit Wellen und Krater. Mit einem niedrigeren Fahrzeug hätten wir weniger Probleme, doch Lucys hoher Schwerpunkt lässt sie bedrohlich hin- und herschwingen. Schon einmal ist uns ein Träger der Wohnkabine gebrochen, das wollen wir nicht wieder riskieren. Und so schleichen wir unterhalb der Schrittgeschwindigkeit über die furchtbare Buckelpiste und verfluchen alle Straßenbauer in Peru und rückwirkend auch gleich noch die von Ecuador, Costa Rica und Alaska!

 

Wieder klappt’s nicht mit unserem vorgesehen Zeitplan. Wir erreichen Chachapoyas auf  knapp 2300 Metern Höhe erst am späten Nachmittag und finden kurz vor Sonnenuntergang im Innenhof der Polizeistation einen Stellplatz für die Nacht. Beim Rangieren auf der engen Fläche reiße ich ein Kabel, das in drei Metern Höhe zwischen den Mauern hängt, hinunter. Das Nebengebäude der Polizei von Chachapoyas ist ohne Strom. Da trauen wir uns nicht mehr zu fragen, ob wir Lucy an eine Steckdose hängen dürfen.

 

Noch einmal zur Erinnerung: das koloniale Chachapoyas ist Provinzhauptstadt, hat immerhin 18.000 Einwohner und es ist dennoch aus keiner Richtung über eine halbwegs anständige Straße erreichbar. Mit dem Bus Richtung Westen zur nächsten Stadt ins 350 Kilometer entfernte Cajamarca ist man 24(!) Stunden unterwegs. Chachapoyas ist besser isoliert als dieses Kabel, das ich da eben heruntergerissen habe. Das erklärt vielleicht auch, warum es hier keinen anständigen Supermarkt gibt. Wir fragen uns durch die halbe Stadt und werden immer an den gleichen Ort geschickt: da ist am Plaza de Armas ein kleiner Laden, wo’s nicht viel mehr als ein paar Dosen, Süßigkeiten und Klopapier zu kaufen gibt. Mit dem Auffüllen unserer Reservekiste hier wird’s also nichts. Beim netten Bauernmarkt im nächsten Block kaufen wir Gemüse und Brot, das war’s.

 

Der Grund, weshalb wir uns überhaupt hier hinaufgequält haben, ist eine der überragendesten archäologischen Sehenswürdigkeiten von Peru, die Ruinen von Kuélap. Die alte Festungsanlage aus der Präinkazeit liegt nur 72 Kilometer südlich von Chachapoyas, doch die Piste dorthin sei noch schlimmer als jene, welche hinter uns liegt, informieren uns die höflichen Polizisten.

 

Lange sitzen Sabine und ich an diesem Abend über unsere Karten und Reiseführer, studieren das Material, erörtern, wägen ab und entscheiden schließlich, unsere Reiseroute durch Peru komplett umzuwerfen. Nicht nur, daß wir Kuélap streichen, auch auf unseren Trip hinunter ins Amazonasgebiet nach Pucallpa verzichten wir. Die Straße, auf der wir uns heute vorwärtsgequält haben, gilt als Hauptverkehrstrecke und dennoch haben die letzten 90 Kilometer Stunden gedauert. Nach Pucallpa sind’s zighundert Kilometer über zweitklassige Nebenstrassen – das wollen wir uns nicht antun. Wir werden weiter im Süden versuchen das Amazonasbecken zu erreichen.

 

Am nächsten Tag brechen wir zeitig auf, fahren die gleiche Strecke vom Vortag zurück nach Jaén, verbringen dort auf der 24-Stunden-Tankstelle am Ortsrand die Nacht und rauschen anderntags durch hinunter an die Küste zur Panamericana.

 

Hier unten bewegen  wir uns in einem völlig anderen Peru. Der schmale Küstenstreifen zwischen Anden und Pazifik ist eine deprimierende Wüste, eine kahle Geröllhalde unter einem meist wolkenverhangenen Himmel vor einer grauen See. Das Land ist ebenso farblos wie die erstklassige Asphaltstrasse unter Lucys Räder. Ach, es ist herrlich!

 

Und Ruinen gibt’s hier doch auch: in der Nähe des Dorfes Sipán unweit von Chiclayo zum Beispiel. Dort stehen mitten im Geröll zwei gewaltige Adobepyramiden. Die nimmt man als solche zwar kaum wahr, weil Wind und Wetter im Laufe der Jahrhunderte die Lehmziegel dahin-,schmelzen’ ließen wie eine Kerze, die zu lange in der Sonne stand. Doch im Inneren entdeckten Archäologen 1987 ein unversehrtes Herrschergrab aus der Mochica-Zeit, eine Prä-Inka-Kultur, die ihren Höhepunkt um 500 nach Christus hatte. Die Grabbeigaben waren zahlreich und wertvoll: Eine goldene Totenmaske, Brust-, Hüft- und Beinpanzer aus Gold, goldener Nasen- und Kinnschmuck, Ohrpflöcke aus Gold und Türkisen, Sandalen aus Kupfer.

 

Gemessen an der archäologischen Bedeutung von Sipán wirkt die Stätte nicht unbedingt  wie eine Pilgerstätte für Südamerika-Reisende. Als wir über staubige Piste das Areal erreichen, sind wir zunächst die einzigen Besucher. Wir parken Lucy außerhalb einer Absperrung und beauftragen ein paar Kinder des Dorfes, auf sie achtzugeben. In einem einsamen Kassenhäuschen mitten in der Pampa sitzt ein ebenso einsamer Kassierer, der froh ist, endlich beschäftigt zu sein. Wir zahlen, betreten das Gelände und schlendern über Geröllhalden, die – ich erwähnte es schon – nicht unbedingt als Pyramiden durchgehen würden. Doch das Loch des Herrschergrabes liegt offen da, als wären die Archäologen noch immer bei der Arbeit und als seien sie nur gerade beim Mittagessen.

Was jetzt zum besseren Verständnis fehlt ist ein Führer oder ein Begleittext, finden wir. Da hören wir plötzlich deutsche Stimmen hinter uns. Ein älterer Herr führt eine 7-köpfige Gruppe durch die Anlage, und er scheint richtig gut bescheid zu wissen über die Ausgrabungen. Wir fragen, ob wir uns anschließen dürfen und erleben eine jener Begegnungen, die jede Reise unvergeßlich machen: Der freundliche Herr stellt sich als Armin Bülow vor, Honorarkonsul des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland in Chiclayo/Peru. Die Gruppe, die er durch Sipán führt, ist seine Tochter aus Starnberg mit Ehemann und fünf Kindern. Herr Bülow informiert uns detailliert und umfassend über die dramatischen Ereignisse während der Ausgrabungen vor beinahe 20 Jahren:

 

Der peruanische Archäologe Dr. Walter Alva beobachtete damals auf dem Schwarzmarkt der Region eine außerordentliche Anhäufung von wertvollen prähispanischen Objekten. Offensichtlich waren Grabplünderer auf einen aufsehenerregenden Fund gestoßen. Alva hörte sich vorsichtig um und das führte ihn schließlich nach Sipán. Als er mit seinem Assistenten die Pyramiden erreichte, war zumindest ein Grab bereits komplett geplündert. Schnell ließ er die Anlage polizeilich schützen und begann mit systematischen Ausgrabungen. Doch die Grabräuber ließen sich nicht so schnell verscheuchen, schlichen sich immer wieder in stockfinsterer Nacht heran, um die Funde zu stehlen. Strom gab es keinen in dieser einsamen Gegend und auch kein Geld für Generatoren. An dieser Stelle taucht Armin Bülow in der Geschichte auf. Er baute damals als Ingenieur in der Nähe von Chiclayo einen Staudamm. Er erfuhr von den sensationellen Funden, nahm Kontakt mit Dr. Alva auf und spendierte aus eigener Tasche dem Archäologen einen Generator. 20 Jahre später steht er als Ehrengast auf der Pyramide und erzählt seiner Familie (und uns) seine Abenteuergeschichte. Ich liebe sie, diese kleinen, wunderbaren Episode auf dieser großen Reise!

 

Huch, nun ist der Bericht schon wieder etwas lang geworden. Ich versuche ja, mich kurz zu halten, aber es gibt so viele Geschichten und Geschichtchen, die es wert sind, erzählt zu werden. Zum Beispiel die vom Polizisten Juàn in Chachapoyas im Innenhof der Polizeistation - sein pechschwarzes Haar ebenso streng gescheitelt wie seine Haltung. Er konnte es einfach nicht fassen, daß es außerhalb seiner Welt Menschen gibt, die ein Fahrzeug mit Namen Lucy besitzen und damit durch den halben Planeten kurven. Oder die von den Engländern Les, Maureen und Margret, die uns mit zwei Mercedes Expeditionsmobilen im Grenzland zwischen Peru und Ecuador entgegenkommen: Les - nicht der jüngste, nicht der athletischste - mit einem Feilchen über dem linken Auge, das den Dschungel um uns herum farblos erscheinen läßt. Bei einer Schlägerei am Vortag mit einem Peruaner hat er sich dieses Souvenir eingehandelt hat, erzählt er uns ausschweifend. Oder die …!

 

Schluß für heute. Nur noch dies: inmitten der farblosen Gerölllandschaft von Perus Nordküste finden wir im kleinen Ort Huanchaco eine Oase von einem Stellplatz, wie wir sie seit Monaten nicht mehr hatten: wir stehen im Garten eines Hostals unweit des (grauen) Strandes, direkt an einem kleinen Pool auf grüner Wiese! Wir haben Strom, Dusche, Klo, drahtloses Internet und unten am Strand Fischer, die mit archaischen Schilfrohrbooten hinaus aufs Meer rudern und … aber … das wäre ja schon wieder eine neue Geschichte!