Chile: Der Norden

Wo um Himmels Willen ist die Straße? Eben war sie noch da – soweit eine schwachgraue Spur, die da einige vorausfahrende Fahrzeuge in den weißen Boden ritzten, als Straße bezeichnet werden darf. Sie sollte uns Richtung Südwesten an die Grenze nach Chile führen. Nun ist sie verschwunden. Wir halten inmitten einer ausgedorrten Wüste an, steigen aus und schauen uns um. Eine karge, versalzene Ebene dehnt sich in alle Richtungen aus. Sie hat nichts vom reinen, unschuldigen Weiß des Salar de Uyuni, den wir am Vormittag verlassen haben. Diese Fläche hier ist von schmutzig braunen Flecken durchzogen, ist umschlossen von Bergen und Vulkanen, die an ihren Rändern aufsteigen, und …: sie wirkt bedrohlich auf uns.

 

Lucy sieht erbärmlich geschunden aus. Stundenlang mühten wir uns über furchtbare Wellblech- und Kraterpisten durch eine unwegsame Urlandschaft im Südwesten Boliviens. Der linke, vordere Kot- läßt seinen Flügel hängen (…!), zwei Zusatzscheinwerfer sind heruntergebrochen, ebenso die GPS-Halterung. Der Motorroller hinten auf der Plattform hängt nicht mehr lotrecht in seinen Seilen und unsere Nerven auch. Wir wollen raus hier! Wo also ist die verdammte Straße!!!

 

Ich krame das Fernglas hervor und schaue mich – einmal um die eigene Achse drehend – um. In der Ferne Richtung Süden sind Vicuñas, die auf diesem kargen Stück Land nach etwas Freßbarem suchen. Dahinter erkenne ich einen schwarzen Strich. Das muß die Eisenbahnlinie sein – ein altes Relikt aus vergangenen Zeiten, in denen es eine Zugverbindung zwischen Antofagasta/Chile und Bolivien gab. Und man will es kaum glauben: auch heute noch rumpelt gelegentlich ein Zug vom chilenischen Calama hinüber nach Uyuni. An diesen Schienen müssen wir uns orientieren. Wenn wir ihnen einfach folgen, können wir die den einsamen Grenzposten gar nicht verfehlen.

 

Wir bewegen uns quer durch die Ebene auf die Linie zu und biegen neben den Gleisen Richtung Südwesten ein. Da sind einige Fahrspuren im Boden erkennbar - wir sind wieder auf Linie!

 

Allmählich steigt das Land an. Der Boden ist nicht mehr versalzen sondern geröllig. Laut GPS sollten wir bald die Grenze erreichen. Nur: wird’s da einen bolivianischen Grenzposten geben, der unsere Pässe abstempelt? Alle Reiseführer schreiben zwar, daß die Grenzformalitäten bereits in Uyuni, eine halbe Tagesreise östlich von hier, erledigt werden müssen, doch Vorausreisende meinten, daß sich das inzwischen geändert habe. Jetzt werden wir doch unruhig. War diese Quelle zuverlässig? Hier ist es so einsam wie auf einem Jupitermond. Wenn die Grenzstation verlassen ist haben wir ein gewaltiges Problem: Ohne bolivianischen Ausreisestempel kriegen wir kein chilenisches Einreisevisa. Die Vorstellung, umkehren und über diese grauenvolle Piste zurück nach Uyuni fahren zu müssen läßt unsere Nackenmuskulatur verhärten.

Wir erreichen ein paar Bauten neben der Bahnlinie, dahinter ein Schlagbaum: die Grenze. Kein wirklich geschäftiger Ort. Eisenbahnteile liegen im Staub herum und verrostete Schienen. Fensterscheiben sind eingeschmissen, der Wind singt zwischen alten Ziegelmauern ein Lied, dessen Refrain zu lauten scheint: „Sucht Ihr einen Grenzbeamten, dann kehrt zurück nach Uyuni!“

 

Doch er lügt. Da öffnet sich quietschend eine Tür und … heraus spaziert ein freundlich lächelnder, kleingewachsener Bolivianer mit Schnauzbart und tadellos gebügelter Uniform. Dem Himmel sei Dank! Wir strahlen, als käme uns der Weihnachtsmann persönlich mit einem Sack Geschenke entgegen. Wir begrüßen einander mit Handschlag (an welcher Grenze gibt’s schon so etwas …?) und plaudern ein wenig miteinander. Der Beamte freut sich gleichfalls, weil da endlich Leute bei ihm vorbeischauen. Er kriegt eine Tüte mit etwas Obst, Gemüse und Kokablätter in die Hand gedrückt – nichts dergleichen darf nach Chile eingeführt werden. Die Ausreiseformalitäten sind schnell erledigt, wir schütteln uns zum Abschied noch einmal die Hände und verlassen Bolivien. Was für unvergeßliche Abenteuer liegen hinter uns, was für außergewöhnliche Natur- und Kulturerlebnisse, was für spannende Begegnungen. Fragt uns nach unserer Rückkehr, wo die Reise am aufregendsten war. Die Antwort lautet aller Wahrscheinlichkeit nach: Bolivien!

 

Und dann, nach einigen hundert Metern durch Niemandsland, betreten wir einen anderen Planeten: Chile begrüßt uns mit breit ausgebauter Schotterstraße. Mit fachmännisch verputzten Grenzgebäuden, in denen die Angestellten vor Computer sitzen. Die Formalitäten verlaufen effizient und korrekt. Keine Gebühr muß bezahlt werden und um keine Spende wird gebeten. Nach einer halben Stunde rollen wir ins Land hinein Richtung Calama über eine tadellose Piste. Und wenn’s da doch mal eine holprige Passage gibt, steht einige Meter davor ein Schild und warnt uns davor. Wo hatten wir das zum letzten Mal? Auf der A27 Richtung Bremerhaven – wenn überhaupt!

 

Chile gilt als das reichste Land des Kontinents. Seine Bewohner werden gerne als die Preußen Südamerikas bezeichnet, und wenn sie dem widersprechen, dann wahrscheinlich nur deswegen, weil sie sich in diesem Urteil unterschätzt dargestellt sähen. Isabel Allende beschreibt es in ihrem Buch „My Invented Country“ augenzwinkernd: „Wir (Chilenen) glauben wir sind der Mittelpunkt auf Erden, Greenwich hätte nach Santiago verlegt werden sollen - und wir kehren unsere Rücken gegen Lateinamerika, vergleichen uns statt dessen mit Europa. Wir sind sehr selbstverherrlichend: das übrige Universum existiert nur, um unsere Weine zu konsumieren und Fußballteams zu bilden, die wir schlagen können.“

 

Tatsächlich wirkt bereits diese abgelegenen Grenzregion wohlhabender und aufgeräumter: die wenigen, ziemlich neuen Autos, die uns entgegen kommen, die paar Häuser am Pistenrand, selbst die vereinzelten Büsche in ansonsten karger aber spektakulärer Vulkanlandschaft scheinen irgendwie geordneter plaziert zu sein. Die Straße führt an Lagunen vorbei, in denen Flamingos durchs seichte Wasser pflügen, Alpakas und Vicuñas ziehen über weite, sanft abfallende Andenhänge, und immer dominiert der 5865 m hohe Vulkan Ollagüe die grandiose Naturszenerie.

 

Die Nacht verbringen wir abseits der Straße in freier Wildnis und müssen dabei keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen einleiten. Auch in Punkto Sicherheit haben wir Neuland betreten. Chile ist das erste Land in Lateinamerika, wo der Reiseführer nicht ausdrücklich davor warnt, wild zu campen - und darüber sind wir schon ein bißchen erleichtert. Wir öffnen ein Fläschchen (chilenischen) Malbec und stoßen darauf an, die schwierigste Passage unserer langen Reise halbwegs gut gemeistert zu haben. Der Taumel darüber (in Kombination mit einem wirklich guten Wein) läßt unsere Wahrnehmung möglicherweise etwas eintrüben: wir meinen, einen Sonnenuntergang zu beobachten, der eine Spur geschmeidiger über die Bühne geht als der gestrige in Bolivien …!

 

Am nächsten Tag holt uns der Kulturschock ein: in Calama, einer unattraktiven Bergbaustadt, begrüßen uns nicht  Kinder mit „Gringo“-Rufen sondern Männer mit zum Hitlergruß erhobener Hand. In der von Weihnachtsschmuck glitzernden Shopping Mall trällern allüberall deutsche Weihnachtlieder in schaurigen Latinoversionen und im Food Court im zweiten Stock gibt’s beim Asia Imbiß Paulaner Bier. Wir erwägen kurz, wieder nach Bolivien einzureisen!

 

Das tun wir nicht, sondern rauschen durch bis nach San Pedro de Atacama, einem netten Ort mit staubigen Gassen, geduckten Häusern im Adobe Stil und einem dramatischen Umland: auf 2440 Metern Höhe gelegen ist San Pedro umgeben von einem knappen Dutzend  Fünf- und Sechstausender.

 

"Greenwich, wo ...?!"
"Greenwich, wo ...?!"

Wir finden ein schattiges Plätzchen im Garten eines Hostals, genießen seit Tagen mal wieder Duschen und Spültoiletten und lassen uns in erstklassigen Restaurants im Städtchen verwöhnen. Da gibt’s tolle Weine, feine Steaks und für Sabine Sushi mitten in der Wüste. Die Preise allerdings sind happig: umgerechnet 14 Dollar allein fürs Campen lassen Erinnerungen an nordamerikanische Verhältnisse wach werden. Und die Rechnung fürs Sushi-Essen wollen wir um der Selbstachtung Willen verdrängen.

 

Der Sonnenuntergang im Valle de la Luna, im Tal des Mondes, einige Kilometer außerhalb des Ortes gilt als spektakulärste Touristenattraktion von San Pedro. Das Tal war vor Urzeiten ein See, dessen Boden bei seismischen Erschütterungen in die Höhe gedrückt und aufgefaltet wurde. Wind und Wetter taten das übrige: schufen in Jahrmillionen eine bizarre Formwelt, schliffen Türme und Figuren aus Sand, Salz und Lehm und schichteten große Dünen auf. Die Sonne taucht am Ende des Tages dieses Urland zunächst in ein leuchtendes Orange, dann allmählich in ein kräftiges Rot und schließlich in ein weiches Violett: ein unvergleichliches Schauspiel, daß uns in Verzückung versetzt (und die Touristenmassen in San Pedro rechtfertigt).

 

Nach 5 Nächten verlassen wir San Pedro und damit – vorübergehend – auch schon wieder Chile. Die Strecke Richtung Süden zur Hauptstadt des Landes ist auf argentinischer Seite, östlich der Anden, reizvoller als auf chilenischer.

 

Über den Paso de Jama auf über 4800 Metern Höhe bringt uns Lucy tapfer durch eindrucksvolles Bergland an die chilenisch-argentinische Grenze. Die Formalitäten verlaufen routiniert und problemlos. Da stehen zwei junge deutsche Mädchen am Grenzhäuschen und fragen uns, ob wir sie mitnehmen könnten bis zum nächsten Ort Susques, ca. 120 km von hier. Das können wir leider nicht, weil es in der Fahrerkabine nur zwei Sitzplätze gibt und die Wohnkabine weiß Gott nicht dazu geschaffen ist, während der Fahrt Passagiere aufzunehmen. Wie oft haben wir das schon bedauert und uns geschworen, daß das nächste Fahrzeug trampertauglich sein muß!

 

Wir wollen schon losfahren, da schauen wir den Mädels noch mal nach, die mit ihren gewaltigen Rucksäcken inzwischen am Pistenrand im Staub sitzen – auf einsamen 4300 Metern Höhe an einer Grenzstation, die vor allem von übermüdeten, womöglich frauenverachtenden Lastwagenfahrer genutzt wird … wir können die beiden hier oben nicht zurücklassen. Also machen sich’s Anna und Steffi - 19 bzw. 20 Jahre alt und unterwegs rund um den Planeten - in Lucys Wohnkabine bequem, soweit das eben während der schaukeligen Fahrt möglich ist.

 

Bis nach Susques schaffen wir es nicht mehr an diesem Nachmittag. Wir verbringen die Nacht in der windigen Pampa. Das Zelt von Anna und Steffi steht einigermaßen windgeschützt an Lucy gelehnt und wir erleben einen gemütlichen Abend zu viert in unserer Hütte. Wir erzählen einander Reisegeschichten – und davon gibt es viele. Sabine und ich staunen über die Abenteuer unserer Gäste und über ihren Mut, in dieser Macho-Welt per Anhalter unterwegs zu sein. Neben ihnen kommen wir uns vor wie ein Rentnerehepaar, daß im Wohnwagen durchs Allgäu zieht.

 

Susques, das wir am nächsten Vormittag erreichen, ist auch nicht dazu geeignet, zwei alleinreisende, blonde Frauen abzusetzen. Zu viel Staub, zu viel Armut, zu viel finstere Typen. Wir rauschen durch nach Salta. Zunächst hoch oben auf dem Altiplano vorbei an Lagunen und Salzseen. Beim Örtchen Lipán stürzt die Straße jäh ab: von 4200 Metern Höhe führen atemberaubende Serpentinen hinunter nach Purmamarca auf 2250 Metern, das sind fast 2000 Meter Höhenunterschied auf einer Strecke von nur 37 Kilometern. Wir schleichen im ersten Gang von Haarnadelkurve zu Haarnadelkurve. Lucys vier Tonnen schieben gewaltig, das Mädchen muß mal wieder schwer gebremst werden …!

 

Wir tauchen ab in die fruchtbaren Osthänge der Anden. Nach Wochen in den kargen Höhen des Altiplano wirkt das kraftvolle Grün hier unten wie Balsam für unsere ausgetrockneten Augen. Wir rollen durch sanftes Hügelland, das von einem grauen Himmel bedeckt ist. Bald fallen schwere Tropfen: der erste Regen seit langer Zeit. Er läßt das Land noch üppiger leuchten und feuchte Erde herrlich duften.

 

Am späten Nachmittag erreichen wir die alte Kolonialstadt Salta, ein akzeptabler Ort, um Anna und Steffi ruhigen Gewissens ziehen zu lassen. Wir wünschen den beiden eine tolle, sichere Weiterreise und raten ihnen in elterlicher Manier, den Bus zu nehmen.

 

Salta trägt stolz den Beinamen La Linda, „die Schöne“. Historische Bauten, eine arkadenumsäumte Plaza und grüne Parks geben dem Recht. Wir bleiben zwei Nächte und vertrödeln den Tag mit Bummeln und Flanieren. Wir mögen Argentinien vom ersten Tag an. Wir begegnen heiteren, entspannten Menschen, die unsere Sympathie schon alleine deswegen gewinnen, weil sie zerbeulte Renaults, Peugeot und Citroëns fahren und eine Café-Kultur pflegen wie im alten Europa. Und sie kellern einen wunderbaren Wein, der dem in Chile in nichts nachsteht.

 

Davon überzeugen können wir uns im verschlafenen Cafayate, dem Hauptort eines kleinen, von Halbwüste umgebenen Weinanbaugebiets eine halbe Tagesreise südlich von Salta. Hier wächst der Torrontés, ein kraftvoller, trockener und dennoch fruchtiger Weißwein. Wir besuchen am Ortsrand die Bodega Domingo Hermanos und lassen uns Malbec, Cabernet Sauvignon und einen erstklassigen Torrontés einschenken. Von dem kaufen wir eine Kiste und öffnen das erste Fläschchen gleich abends auf dem schattigen Campingplatz zu Spaghetti mit hausgemachter Pesto (im Supermarkt in Salta gab’s wundervollen, frischen Basilikum). Der Abend ist mild. Vögel zwitschern in den hohen Eukalyptusbäumen über uns. In der Ferne hören wir das vertraute Tuckern einer 2CV. Die letzten Sonnenstrahlen berühren die Weinhänge und lassen sie glühen. Ja, wir lieben Argentinien!

 

Weiter geht’s Richtung Süden. Durch ein Land, das mal rauh und staubig, mal lieblich und grün ist; vorbei an bizarren Sandsteinskulpturen und schroffen Felsformationen, an üppig bewaldeten Berghängen und endlosen Zuckerrohrplantagen, an alten Indianerruinen und gesichtlosen Provinzstädtchen. Wir haben’s eilig. In Mendoza wollen wir unsere Freunde Haye und Willeke treffen und die Strecke bis dort hin zieht sich.

 

Wenn Salta den Beinamen „Die Schöne“ trägt, verdient Mendoza den Beinamen „Die trunken Machende“. Auch, weil ihre von alten Bäumen umsäumte Straßen eine Spur eleganter, ihre zentrale Plaza einen Hauch prachtvoller, ihr riesiger Stadtpark eine Wenigkeit üppiger ist. Vor allem aber, weil Mendoza die Weinhauptstadt Argentiniens ist. Fast drei Viertel des argentinischen Weines kommen aus ihrer Provinz (und Argentinien ist mittlerweile weltweit fünftgrößter Produzent des Rebensafts). 1500 Bodegas soll es rund um Mendoza geben – wir haben reichlich zu tun hier.

 

Im Zentrum der Stadt mieten wir uns für 5 Nächte im Hotel Gran Ritz ein. Das Zimmer hält nicht, was der Name des Hotels (und die Preise) erhoffen lassen, doch gleich um die Ecke geht’s zur Restaurantmeile Mendozas ... .

 

Die nächsten Tage geben wir uns der kulinarischen Genüsse hin: wir besuchen Weingüter im Umland – große Bodegas und kleine Familienbetriebe – und rühmen, was wir da verkosten: fruchtigen Cabernet-Sauvignon, leichteren Merlot und kraftvollen Malbec, säurehaltigen Sauvignon Blanc und samtweichen Chardonnay. Und speisen tun wir, als gelte es, nachzuholen, was wir in einsamer Pampa über Wochen hinweg versäumten. Die argentinische Speisekarte wird beherrscht von Fleisch in allen Variationen, am liebsten jedoch gegrillt und zwar in unanständigen Mengen. Dazu gibt’s Brot und mit etwas Glück ein wenig Salat. Und, herrje, es schmeckt einfach sensationell. Sabine, als bekennende Vegetarierin, kommt da freilich nicht so recht auf ihre Kosten. Aber irgendein Fisch oder etwas Gemüse findet sich immer in einer abgelegenen, kleingedruckten Spalte auf der Karte.

 

Mit Haye und Willeke veranstalten wir im Stadtpark unser eigenes kleines Asado, wie die Argentinier ihr Grillritual bezeichnen. Wir bescheiden uns mit einigen Steaks, einer Forelle und Maiskolben, trinken Torrontés aus Cafayate, sitzen bis tief in die Nacht am Feuer beieinander und erzählen uns, was so passiert ist seit unserem letzten Zusammensein in Cusco/Peru. Ist das wirklich erst 3 Monate her?

 

Am nächsten Morgen verlassen wir Mendoza. Haye und Willeke fahren Richtung Süden weiter auf argentinischer Seite, wie bewegen uns nach Westen, überqueren noch einmal die Anden, reisen nach Chile eine und nähern uns Santiago, der Hauptstadt des Landes. Ein Drittel aller Chilenen leben hier, 6 Millionen Menschen. Einer von ihnen zieht gleich mal unseren Hass auf sich. Er ist Busfahrer, was sonst, und er rammt uns an einer Kreuzung mit seiner betagten Mühle, bremst kurz, schaut in den Rückspiegel, zuckt mit den Achseln und rauscht dann davon. Was ist nur los mit lateinamerikanischen Busfahrern? Sind sie von Amtswegen rücksichtslose Brüder oder tragen sie alle einen genetischen Defekt in sich? Lucy, die arme, hat sich wacker geschlagen. Trotzdem sieht sie vorne rechts schändlich lädiert aus. Ein weiterer Zusatzscheinwerfer liegt auf der Straße, die Stoßstange ist anständig verbogen und der Kotflügel schwer eingedrückt – diesmal also der rechte.

 

Wir unterbrechen in Santiago unsere Reise für 10 Tage. Sabine muß in die USA zu ihrer Familie fliegen, Lucy kriegt eine wohlverdiente „Wellnessbehandlung“ in einer fürsorglichen, kleinen Werkstatt und ich vertrödle die Zeit hier in einsamer Melancholie … (nun ja, … wir wollen nicht verschweigen, daß es auch in Santiago de Chile eine ganz hervorragende, trostreiche Café- und Restaurantszene gibt …!). Außerdem gilt es, Weihnachtspost zu erledigen und das hält mich beschäftigt. Vor einem Jahr verbrachten wir die Feiertage in Baja California, Mexiko. Seit dem ist so viel passiert, es hätte gereicht für 5 Jahre. Also nutzen wir den Moment, um mal kurz inne zu halten und zu verschnaufen. Und welche Zeit ist besser dazu geeignet, als die Weihnachtszeit. In diesem Sinne ...

 

... frohe Weihnachten!